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Auslegung von koaxialen Steckverbindungen – Möglichkeiten der CST-Studio Suite

Geschrieben von TECHNIA | 02.12.2025 13:11:38

In diesem Blogbeitrag zeigen wir die Analyse und Simulation der koaxialen Hochfrequenz-Steckverbindungen mit CST-Studio Suite. Diese Steckverbindungen sind geeignet für die hohen Anforderungen der 5G Netzwerke. Sie haben Anwendungen in der Funk-, Video- und Audiotechnik und im Laboreinsatz für Oszilloskope und Messgeräte. Diese Konnektoren werden auch häufig in Datensystemen und Telekommunikationsanwendungen verwendet.

Bild 1: Koaxiale Steckverbindungen in Funktechnik
Bild 2: Koaxiale Steckverbindungen im Laboreinsatz

Ein Verbinder besteht aus zwei Leitern: den Innen- und Außenleiter. Zwischen den Leitern befindet sich entweder der Isolator oder die Luft als Dielektrikum.

Funktion und Eigenschaften der koaxialen Steckverbindungen

Koaxiale Steckverbinden ermöglichen eine lösbare Verbindung von koaxialen Kabeln. Die Montage und die Installation sind einfach, bei gleichzeitig geringer elektromagnetischer Beeinflussung und Abstrahlung.  Koaxiale Steckverbindungen werden mit guter elektrischer Abschirmung hergestellt. Sie werden oft mit einem 50 Ω oder einem 75 Ω Wellenwiderstand produziert und haben eine hervorragende Rückflussdämpfung.

Verschiedene Formen der Koaxialen

Steckverbindungen:

Bild 3: SMA adapter
Bild 4: Hand attaching/removing antenna jack
Bild 5: Lan wire with connector RJ 45

In Datenblätter der Hersteller sind die wichtigsten Spezifikationen der koaxialen Steckverbinder wie Leistungsübertragung, Rückflussdämpfung, Frequenzbereich, Wellenwiderstand und passive Intermodulation aufgeführt.

Wichtige Parameter zur Bewertung der Verbinder

Wellenwiderstand und Impedanzanpassung

Ein wichtiger Parameter eines Koaxialsteckverbinders ist der Wellenwiderstand entlang des Verbinders. Der Wellenwiderstand, beziehungsweise die Impedanz des Steckverbinders, Z, ist von der Leitungslänge und von der Signalfrequenz unabhängig. Die Einheit ist Ohm. Üblich sind Steckverbinder mit einem Wellenwiderstand von 50 Ω (allgemeine HF-Technik) oder 75 Ω (Fernsehtechnik), selten 60 Ω (alte Systeme) oder 93 Ω. Der Wert kann experimentell mithilfe der Zeitbereichsreflektometrie bestimmt werden. Der Wellenwiderstand berechnet sich aus dem Verhältnis des Innendurchmessers D des Außenleiters und dem Durchmesser d des Innenleiters des Verbinders und den dielektrischen Eigenschaften (relative Permittivität εr) des Isolationsmaterials (Dielektrikum):

Bild 6: mit dem Wellenwiderstand des Vakuums Z0.

 

Bild 7: Impedanzanpassung: 50 Ω entlang des Verbinders

Die durch ein Koaxialkabel übertragbare Leistung ist vom Wellenwiderstand abhängig. Bei einem Wellenwiderstand von 30 Ω ist die übertragbare Leistung maximal.

Abhängig von der Anwendung wird deshalb der Wellenwiderstand gewählt.

  • TV und Radiotechnik: 75 Ω um Verluste gering zu halten.
  • Kommunikationstechnik: 50 Ω um sowohl beim Empfang als auch bei Senden gute Übertragungseigenschaften zu haben. (Mittelwert zwischen 30 Ω und 75 Ω)

Reflexion, Leitungsanpassung und Rückflussdämpfung

Koaxialkabel für Hochfrequenzanwendung werden im Allgemeinen in Leitungsanpassung betrieben. Der Lastwiderstand des Kabels soll möglichst genau dem Wellenwiderstand entsprechen, damit am Leitungsende keine Reflexionen auftreten, die stehende Wellen und erhöhte Verluste hervorrufen können. Der Grad der Fehlanpassung wird mit Zeitbereichsreflektometrie ermittelt. Um die Fehlanpassung beurteilen zu können, wird der Wert der Rückflussdämpfung gemessen. Rückflussdämpfung ist das Verhältnis der reflektierten Leistung in Quelle oder Anschluss 1 zur Vorwärtsleistung im Anschluss 1 im logarithmischen Maßstab, S11.

Bild 8: Vorwärts- und Reflektierteleistung

Reflexionen entstehen an allen Stellen, an denen sich der Wellenwiderstand ändert, auch bei ungeeigneten Steckverbindern bei höheren Frequenzen. Jede Änderung des Innen- und Außendurchmessers und jede Materialänderung entlang eines Verbinders führt zur Änderung des Wellenwiderstands. Diese Diskontinuitätspositionen in der Länge eines Verbinders verursachen die Erzeugung der stehenden Welle und schließlich nimmt der Reflexionsgrad zu.

 

Bild 9: reflektierte Leistung oder Rückflussdämpfung, S11

 

Modellierung und das Basismodell

Die Entwicklung eines Hochfrequenzsteckverbinders benötigt ein Basismodell, um Veränderungen und Optimierungen vorzunehmen. In der Regel ist dieses 3D Basismodell im eigenen Unternehmen verfügbar. Die Möglichkeit von CST-Studio Suite, verschiedene Typen von 3D-CAD-Modellen zu importieren, ermöglicht den Entwicklungsteams eine große Flexibilität. CATIA-, SOLIDWORKS-, Abaqus-, Nastran- und Step-Dateien, um nur einige zu nennen, sind 3D-Modelle, die von CST für den Daten Im- und Export unterstützt werden.

Bild 10: Verschiedene Typen von 3D-CAD-Modellen die in CST-Studio Suite erhältlich sind.

Zusätzlich zu 3D-Modell Im- und Export umfasst die Bibliothek von CST-Studio Suite eine vielfältige Sammlung von Beispielen, die für unterschiedliche Anforderungen der elektromagnetischen und mechanischen Simulation zusammengestellt wurden. Für unser Beispiel wurde ein 3D-Modell eines 90 Grad Winkel-Steckverbinders aus der Bibliothek der CST Studio ausgewählt.

Bild 11: 3D-Modell eines 90 Grad Winkel-Steckverbinders aus der Bibliothek der CST-Studio Suite

CST-Studio Suite – elektromagnetische Simulation

Quick Check: Simulation des Basismodells

Für die Simulation des Basismodells ist es notwendig, zuerst die Simulationseinstellung vorzunehmen. Das bedeutet, dass alle Materialien mit den entsprechenden elektromagnetischen Eigenschaften definiert und die Grenzen der Simulationsumgebung festgelegt werden. Zudem werden die physikalischen Eigenschaften des Simulationsbereichs bestimmt. Als letzter Schritt wird die Bandbreite der Simulation definiert und der geeignete CST-Solver ausgewählt.
Das Simulationsergebnis des Basismodells zeigt eine Abweichung von mehr als 5 Ω von den standardmäßigen 50 Ω. An dem hervorgehobenen Punkt im unten aufgeführten Diagramm sind es 45 Ω, die außerhalb vom Toleranzbereich liegen. Am Ende des Steckers ist der Wert 51 Ω statt 50 Ω, der so ebenfalls nicht gewünscht ist.

Bild 12: Das TDR Simulationsergebnis des Basismodells
Infolgedessen ist eine Designverbesserung unerlässlich für die industrielle Anwendungen. Simulation und Optimierung sind hierfür notwendig.

Bild 13: Die Rückflussdämpfung des Basismodells
Das Ergebnis der Rückflussdämpfung unterstreicht auch, dass die Reflexion nicht optimal ist und eine Optimierung für ein anforderungsgerechtes Produkt erforderlich ist.

Parametrisierung des Modells

Die Simulation im letzten Abschnitt zeigte den Verbesserungsbedarf des Basismodells, um den Anforderungen eines Industriesteckverbinders gerecht zu werden. Jede Verbesserung erfolgt durch Änderung entweder der geometrischen Abmessungen oder der elektrischen Eigenschaften der Komponenten. Dazu wird das System sowohl hinsichtlich der Größe als auch der physikalischen Eigenschaften der Komponenten parametrisiert. Durch die Parametrisierung ist eine Optimierung des Modells beziehungsweise Materials möglich und die Entwicklungsteams haben eine hohe Flexibilität bei der Simulation. Im Beispiel wurden 15 verschiedene physikalische Größen parametrisiert. Zwei davon sind im folgenden Bild beispielhaft dargestellt.

Bild 14: Parametrisierung der physikalischen Größen in CST-Studio Suite
Sensitivitätsanalyse des Modells

Nach der Parametrisierung können durch eine überlegte Parameteränderung die kritischen Dimensionen des Systems gefunden werden. Gleichzeitig ist es wichtig zu verstehen, in welcher Richtung ein Parameter geändert werden muss, damit der Stecker besser funktioniert. Mit der Sweep Funktion der CST-Studio Suite ist es möglich, die Ergebnisse der Simulation für eine Kombination von Parameteränderungen zu beobachten.

Bild 15: Sensitivitätsanalyse des Modells
Folgender Impedanzverlauf entlang des Steckverbinders erhält man nach Verwendung der CST Sweep Funktion für vier Parameter. Eine Verbesserung gegenüber dem Basismodell um mehr als 3.5 Ω wird nach der Simulation und Parameteränderungen erreicht.

Bild 16: Impedanzverlauf entlang des Steckverbinders nach Sensitivitätsanalyse
Die CST-Studio Suite bietet die Möglichkeit, alle elektromagnetischen Eigenschaften des Systems zu überwachen. Die elektrischen und magnetischen Felder werden in unterschiedlichen Frequenzen dargestellt.

Bild 17: Elektrische und magnetische Felder in verschiedene Frequenzen
Optimierung des Modells

Die Ergebnisse der Sensitivitätsanalyse können mit Hilfe des CST-Studio Suite-Optimizers als Grundlage für weitere Verbesserungen verwendet werden. Der Optimizer bietet die Möglichkeit, mit verschiedenen Algorithmen der künstlichen Intelligenz, die besten Ergebnisse zu errechnen. Im ersten Schritt werden die passenden Algorithmen und die Parameter, die geändert werden, ausgewählt. Die hier verwendeten Parameter, sind die entscheidenden Parameter, die aus der Sensitivitätsanalyse gewonnen wurden.

Bild 18: Optimierung des Modells mit der CST-Studio Suite
Dann werden im zweiten Schritt der Zielfunktionen festgelegt. Beispielsweise werden die Zielwerte der Rückflussdämpfung für unterschiedliche Bandbreiten definiert.

Bild 19: Definition der Zielfunktionen in CST-Optimizer
Die simulierten Ergebnisse des Basismodells, der Sensitivitätsanalyse und der CST-Optimierung werden im folgenden Diagramm gegenübergestellt.

Bild 20: Vergleich der Rückflussdämpfungen
Die gewünschte Verbesserung nach der Optimierung ist in der folgenden Tabelle dargestellt.

Bild 21: Verbesserung der Rückflussdämpfung nach der Optimierung

Thermische Simulation

Um einen Hochleistungssteckverbinder zu entwickeln, reicht in der Regel ein elektromagnetisches Design nicht aus. Bei hohen Leistungswerten kann die Temperatur der Bauteile sehr hoch sein und es muss sichergestellt werden, dass diese Temperaturen nicht größer als die zulässigen Werte sind. Dafür bietet die CST-Studio Suite eine elektromagnetisch-thermische Kopplungssimulation an. Bei solchen Simulationen werden alle elektrischen und magnetischen Volumenverluste sowie Oberflächenverluste, auf die thermische Simulation als wärmeanregende Quelle übertragen.

Bild 22: Power= 40 W; Tmax= 50.4˚C

Bild 23: Power= 20 W; Tmax= 35.2˚C
Hier sind die Ergebnisse für 20 Watt und 40 Watt Leistung dargestellt. Wenn die Temperatur über dem akzeptierten Wert liegt, muss entweder das elektromagnetische Design verändert werden oder ein Kühlsystem in der Steckerkonstruktion mit einfließen.

Zusammenfassung

Ein Steckverbinder, der für die Industrieanwendungen nicht geeignet war, wurde mit der CST-Studio Suite optimiert. Während der Optimierung führten Änderungen in der Geometrie zu einer großen Verbesserung der elektromagnetischen Eigenschaften des Steckers. Die Wellenimpedanz entlang des Steckers liegt nun in der Nähe der gewünschten 50 Ω und die Rückflussdämpfung ist zirka 12 dB kleiner als vor der Design-Optimierung.

Die Vorteile einer elektromagnetischen Simulation mit der CST-Studio Suite lassen sich in folgenden wichtigen Punkten zusammenfassen:

  • Deutlich verbesserte elektromagnetische Eigenschaften
  • Optimierung der Geräteleistung
  • Detaillierte Erkenntnisse der Produkteigenschaften
  • Kürzere Entwicklungszeiten durch den Einsatz von Optimierungstools
  • Reduzierung der Anzahl von Erstprototypen und physischer Tests
  • Niedrigere Kosten